DEUTSCHER JOURNALISTEN-VERBAND NORD HAMBURG – SCHLESWIG-HOLSTEIN GEMEINSAM.MACHEN.

Instagram füllt die Blätter

und: Unterhaltungsmedien weisen zu selten die Urheberinnen und Urhebern von Fotos aus

so das Ergebnis einer Untersuchung des DJV-Bundesfachausschuss der Bildjournalisten und des DJV Nord. 

In Lübeck präsentierte Christina Czybik vom DJV Nord einige der untersuchten Zeitschriften und fragte:

Wer findet das journalistische Bild?


"Redaktionen, hört endlich auf damit!"

Appell von Bernd Seydel vom Bundesfachausschuss Bildjournalisten bei Youtube


"Der wahre Preis ist die Aufgabe der journalistischen Unabhängigkeit"

von Christina Czybik und Bernd Seydel

Unterhaltungszeitschriften leben von Fotos. Sie locken die Leserinnen und Leser in den Text, reizen zum Kauf der Zeitschrift. Doch wie ist es um das Wertschätzung der Urheber:innen, also der Fotografinnen und Fotografen bestellt?

Der Bundesfachausschuss der Bildjournalisten hat gemeinsam mit dem DJV Nord 20 "Yellows" ausgewertet, 5396 Bilder auf 1628 Seiten geprüft*, Ergebnis:

Instagram füllt die Blätter.

Und: Nur 799 der 5396 Bilder waren mit dem korrekten Credit versehen, also dem Namen von Urheber:innen.

Es gibt schon lange eine Veränderung auf dem Bildermarkt: Bei TV-Shows und anderen großen Events sind immer weniger Pressefotograf:innen vor Ort. Instagram-Content oder PR-Fotos der Fernsehsender fluten die Magazine, ebenso PR-Fotos von Mode- und Kosmetikfirmen bis hin zu Food-Fotos von Lebensmittelherstellern.

Wie wirkt dieser Ausschluss der Presse bei TV-Shows und anderen Events im Unterhaltungssegment? Am Anfang stehen die Fotografinnen und Fotografen. Ohne zugelassene Bildberichterstatter:innen bekommen auch Pressebildagenturen kein Bildmaterial. Und Medien greifen auf Instagram-Content der Promis oder das honorarfreie Material des Senders oder der Produktionsfirma zurück.

Das hat für Promis, Veranstalter und Sender den Vorteil, dass praktisch nur von ihnen ausgewähltes und damit kontrolliertes Bildmaterial veröffentlicht wird. Die für eine umfassende Berichterstattung wichtige Vielfalt an Bildsprache, Blickwinkel oder Momentaufnahmen verschwindet.

Zeitschriften können inzwischen mit Senderbildern und (Promi-)Instagram-Bildern über Monate hinweg seitenweise Geschichten bebildern: Lifestyle-Themen, Reisebilder, Food, Gesundheit, Fashion, lustige Momente. Hier gelten Promis als Bild- und Themenlieferanten, sozusagen professionelle „Content Creators”. Sie nehmen nicht nur Einfluss auf die Berichterstattung mit inszenierten Bildern, sondern auch auf den Umgang mit Bild-Content aus dem Internet, denn sie prägen eine eigene Bildästhetik mit ihrer Bildbearbeitung bzw. Bildmanipulation und Filter-Apps.

Die Social-Media-Kanäle und auch die Senderarchive sind inzwischen zu professionellen Bildarchiven und Datenbanken geworden. Wie reagieren Agenturen darauf? Es gibt Agenturen, die Social-Media-Services, also Instagram-Bilder, im Bildarchiv anbieten.

Magazine arbeiten mit honorarfreiem Material von Instagram, TV-Shows, mit Sponsorenbildern von Events. Für die Verlage ist dieser kostenfreie Content ein wirtschaftlicher Vorteil: keine Kosten, keine Honorare, keine Abrechnungsformalitäten, keine Kommunikation mit den Fotografierenden. Wie ein unendlicher Strom werden sie mit kostenfreiem Material beliefert. Ein journalistisches Schlaraffenland?

Der wahre Preis ist die Aufgabe der journalistischen Unabhängigkeit. Sie wird freiwillig aufgegeben zugunsten einer vermeintlichen Kostenersparnis. Die Folgen sind weitreichend. Die unabhängige Bildberichterstattung wird auf diese Weise verdrängt und zum Teil komplett ausgehebelt. Sie wird ersetzt von scheinbar privaten und spontanen, tatsächlich aber komplett inszenierten "Einblicken". Ob es sich bei Bildern um journalistische Arbeit oder um PR-Material handelt, ist für Leser oft nicht mehr erkennbar.

Da alle Medien dieses Material erhalten, werden Bilder beliebiger, austauschbarer. Sie müssen in viele Redaktionen passen. Also werden "Content-Creator" auf Zuspitzung und Deutlichkeit verzichten zugunsten eines wie immer vermuteten Massengeschmacks. Instagram-Filter und Bildlooks sind wichtiger als Information, Dokumentation oder Stellungnahme.

Genau das aber zeichnet gute Pressebildfotograf:innen aus. Sie sind vor Ort, stehen mit ihrer Person ein für unverfälschte Fotos, die zudem handwerklich sauber erstellt wurden. Das mag man gerne Qualität nennen.

Fotograf:innen haben Namen. Nennt sie!

Redaktionen, die Bilder aus Instagram übernehmen, nennen dazu meist nur den Instagram-Account des Promis. Tatsächlich handelt es sich bei vielen Bildern aber nicht um Selfies, sondern um Aufnahmen professioneller Fotograf:innen - die werden in den Zeitschriften aber nicht genannt.

Was sind die häufigsten Fehler bei den Fotocredits? Oftmals stimmen die Anzahl der Credits nicht mit der Anzahl der Abbildungen überein. Es gibt Sammelvermerke, die zum Teil nur die Agentur benennen, nicht aber die Fotograf:innen und die eine Zuordnung von Bild und Urheber:in verhindern. Oft fallen durch die IPTC-Bearbeitung des Bildmaterials in den Agenturen die Fotograf:innennamen weg oder werden nicht korrekt ausgelesen.

Credits sind für Fotografen und Fotografinnen wichtig – für künftige Jobs, für Belege, für Selbstdarstellung - und damit auch für anständige Honorare.

* Ausgewertet wurden alle Abbildungen – Fotos, Zeichnungen, Illustrationen, Hintergrundbilder und eingefügte Elemente. Die Zahlen sind ohne Gewähr, denn nicht alle Abbildungen lassen sich korrekt zuordnen.

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