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Erich-Klabunde-Preis 2010 zeichnet Timo Großpietsch (NDR) und Wolfgang Uchatius (DIE ZEIT) aus

Der renommierte Erich-Klabunde-Preis des Deutschen Journalisten-Verbandes Hamburg (DJV) geht in diesem Jahr an Timo Großpietsch für seine TV-Reportage "Der Schulleiter – lehren, lachen, leiden" und an Wolfgang Uchatius für die Reportage "Wenn das Ich sich auflöst".

In der berührenden Zeit-Dossier-Reportage "Wenn das Ich sich auflöst" steht ein an Alzheimer erkrankter Protagonist im Mittelpunkt. Heiner B. wird als vielschichtiger, selbstreflektierter und humorvoller Mensch dargestellt, ohne dass der lebensbedrohliche Ernst der Erkrankung, relativiert wird. Die Jury beeindruckte vor allem, dass es dem Autor gelang, der Hauptperson sehr nahe zu kommen und ihr zugleich ihre Würde zu lassen. Durch die profund wissenschaftliche Darstellung wird vor allem in den ergänzenden Informationen die gesellschaftliche Dimension der Krankheit deutlich. So werden nach Aussage des befragten Gerontopsychiaters im Jahr 2030 rund zwei Millionen Menschen in Deutschland an Alzheimer erkrankt sein. Hinzu kommen Millionen betroffener Angehöriger - eine sozialpolitische Herausforderung, der sich die Gesellschaft bislang nur unzureichend gestellt hat. Dem Autor ist es in bester Tradition eines sozial engagierten Journalismus gelungen, die Zustände nicht nur zu beklagen, sondern Wege zu ihrer Überwindung aufzuzeigen.

Die TV-Reportage “Der Schulleiter - lehren, lachen, leiden“ führt in eine Welt, die jeder zu kennen glaubt, und die doch jenseits aller Klischees eine Reihe von Überraschungen bereithält: Die Schule. Der Autor bietet mit seiner Kamera einen ungeschönten Blick auf den Schulalltag und zeigt, welche Aufgaben sein Protagonist, ein engagierter Schulleiter, neben seinem Unterricht und seiner Verwaltungsarbeit bewältigen muss. Läge die Barmbeker Schule Fraenkelstraße im antiken Athen, hätte der griechische Chef-Dramatiker Aristoteles in dem – wie von einer höheren Warte aus beseelten – Schulleiter einen tragischen Helden erkennen können, der täglich immer wieder das Unmögliche versucht. Die Kamera begleitet ihn und sein ebenso engagiertes Lehrerteam, das sich einzelnen Schülern intensiv widmet und ihnen sogar die Handy-Nummern gibt; für Notfälle...

Dennoch wird der Leiter nicht nur als Held dargestellt, sondern auch in seinen Schwächen gezeigt, etwa einer misslungenen Unterrichtsstunde. Hervorzuheben ist zudem das handwerkliche Geschick des Autors und Kameramanns, dem es gelang, auch dichte und heikle Situationen einzufangen und beklemmende O-Ton-Atmosphären wirkungsvoll gegeneinander zu schneiden. Nach Meinung der Jury leistet der Autor mit seiner Reportage einen ganz eigenen Beitrag zur aktuellen Bildungsdebatte. Er macht dabei auf einen vernachlässigten Aspekt des Themas aufmerksam: Die Schule ist nicht nur Institution zur Wissensvermittlung, die man durch veränderte Lehrpläne oder schulpolitische Vorgaben nach Belieben optimieren kann. Sie ist vielmehr ein komplexer Lebens- und Sozialraum - von verantwortungslosen Eltern als erzieherischer Schuttabladeplatz missbraucht -wächst ihr immer mehr die Rolle eines Familienersatzes zu. Wie heißt es in dem Beitrag - „Nur wer aufgefangen wird, kann sich fallenlassen.“

Das ZEIT-Dossier ist hier zu lesen, den Fernsehbeitrag finden Sie hier.

Im Jahr 2021 hat Timo Großpietsch den Erich-Klabunde-Preis ein zweites Mal erhalten - dann gemeinsam mit Christian von Brockhausen.​​​​​​​

Die Preisträger Wolfgang Uchatius und Timo Großpietsch (2. und 3. v.r.) flankiert von Marina Friedt und der Moderatorin des Ballabends, Susanne Stichler. Außerdem im Bild: Der ehemalige Vorsitzende des BJV Dr. Wolfgang Stöckel. (Foto: Florian Büh)