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In jedem Jahr danken wir Mitglieder, die dem DJV schon seit 25, 40, 50, 60, 65 oder sogar 70 Jahren die Treue halten.
Einige der 2025 geehrten Kolleginnen und Kollegen stellen wir Ihnen hier vor, jeweils in ihren eigenen Worten zu Werdegang und Erfahrungen - und auch mit Appellen.
Annette BERGER - 25 Jahre

Zum DJV kam ich, weil ich mir selbst einmal etwas versprochen hatte. Das war Mitte der 90er Jahre. Solle ich es je schaffen, ein seriöses Volontariat zu bekommen, würde ich in den Verband eintreten.

Warum? Weil sich der DJV einmal für mich eingesetzt hatte, obwohl ich überhaupt kein Mitglied war.

Damals versuchte ich, frisch nach dem Uni-Abschluss, im Journalismus Fuß zu fassen. Mein absoluter Traumberuf, den ich als Teenager zu Schulzeiten kennen gelernt hatte, als Reporterin für eine Lokalzeitung. Während der Uni hatte ich nicht journalistisch gearbeitet, und das stellte sich als eine Hürde heraus.

Denn nach der mehrjährigen Pause der Uni-Jahre erwies sich der Einstieg in den Journalismus als schwierig. Doch dann bekam ich ein Praktikum bei einer TV-Produktionsfirma in Bayern angeboten. War das der ersehnte Beginn meiner Redakteurskarriere? Wegen der schlechten Bezahlung und der seltsamen Arbeitszeiten hatte ich Bedenken - und fragte beim DJV in München nach.

Was tat also die Expertin vom Journalisten-Verband mit einer Uni-Absolventin, die keine Ahnung vom echten Berufsleben hatte? Sie beriet mich und half mir so bei meiner Entscheidung.

Das Praktikum ließ ich sausen und wurde erstmal Sekretärin an einer Sprachenschule.

Ein paar Jahre später klappte es. Beim "Donaukurier" in Ingolstadt bekam ich ein Volontariat und wurde später in die Wirtschaftsredaktion übernommen. Mein Vorhaben hatte ich nicht vergessen: Ich wurde DJV-Mitglied.

Der Eintritt in unseren Verband war die richtige Entscheidung - auch, weil ich später noch mehrfach Beratung brauchte. Denn die Zeiten, die ich im Journalismus erlebt habe, waren nie wirklich rosig. Immer wurden irgendwo Arbeitsplätze abgebaut. Meinen zweiten Arbeitgeber unserer Branche, die "Financial Times Deutschland" stellte man gar komplett ein.

Heute bin ich - seit vielen Jahren - beim Stern. Meine Leidenschaft gehört dem Onlinejournalismus, und mich faszinieren die Möglichkeiten der Recherche und der Interaktion mit den Lesern, die die digitalen Techniken ermöglichen. Ich empfinde auch die sozialen Medien als Bereicherung - natürlich mit der gebotenen Skepsis. Aber Skepsis gehört ja zu Grundausstattung eines jeden Journalisten.

Womit wir bei der Frage wären, die ich hier beantworten soll: Was sehe ich als die größten Herausforderungen für den Journalismus in unserer Zeit? Es ist das Verschwimmen von digitaler und realer Welt, das uns in den kommenden Jahren vielleicht die größten Umwälzungen bringt. Was übernimmt die Künstliche Intelligenz? Und wie viele Journalisten brauchen wir noch?

Ich meine - sehr viele. Und zwar solche, die sich auch für gute Arbeitsbedingungen ihrer jüngeren und nachfolgenden Kollegen einsetzen.

Sie merken: Ich spreche noch immer von meinem absoluten Traumberuf und ich bin froh, dass ich früh in meiner Redakteurs-Laufbahn in den DJV eingetreten bin.

René ERDBRÜGGER - 25 Jahre

Während meines Publizistikstudiums in Münster bekamen wir Studenten oft zu hören: Wer schreibt, findet einen Job – nur selten im Feuilleton, meist im Lokalteil. Wie recht die Professoren hatten. Zwar faszinierte mich von Anfang an das Spiel mit Sprache, die intensive Auseinandersetzung mit Literatur und Film. Doch schnell wurde mir klar: Kritiken zu schreiben ist zwar erfüllend – aber selten einträglich.

Seit nunmehr 27 Jahren arbeite ich im Lokaljournalismus – zuletzt in Pinneberg, einer Stadt, die selbst Ziel von Spott und Häme ist. Und das passt: Auch der Lokaljournalismus wird oft belächelt. Man nennt ihn trocken, wenig glamourös, ein vermeintliches Abstellgleis für jene, die es „nicht geschafft“ haben. Doch solche Spötter verkennen, was Lokaljournalismus wirklich ist: unverzichtbar für die Gesellschaft, für unsere Demokratie und nicht zuletzt für den Journalismus selbst.

Die Kommunalpolitik beeinflusst direkt die Lebensbedingungen der Menschen vor Ort: Stadthaushalt, Wohnungsbau, Ansiedlung von Gewerbe, Kindergartenplätze, der Zustand der Schulen. Lokaljournalisten- und -journalistinnen berichten über das, was im Rathaus, im Kreistag oder auf dem Marktplatz passiert. Sie decken Missstände auf, stoßen Debatten an und geben Menschen oder Initiativen eine Stimme.

Drei Beispiele aus der Stadt Pinneberg zeigen, dass engagierter Lokaljournalismus durchaus Wirkung entfalten kann: So führten meine wiederholten Berichte über die unhaltbaren Zustände in einer Obdachlosenunterkunft – in der sogar Ratten durch Löcher im maroden Boden krochen – schließlich dazu, dass der Container abgebaut und die Bewohner in Wohnungen untergebracht wurden.

Der Erhalt der denkmalgeschützten Ernst-Paasch-Halle ist auch ein Erfolg der lokalen Pressearbeit. Eigentlich sollte das Gebäude aus Kostengründen nicht mehr saniert werden. Ein Abriss drohte. Unsere kontinuierliche Berichterstattung über seine historische Bedeutung und die politischen Entscheidungsprozesse half, ein Umdenken anzustoßen. Heute entsteht dort ein Kulturzentrum.

Und schließlich: Die Einführung einer Baumschutzsatzung in Pinneberg – nach Jahren zäher Diskussionen – ist einer Bürgerinitiative und nicht zuletzt der Lokalredaktion, die deren Aktionen begleitete, zu verdanken. Die Verwaltung geht inzwischen deutlich sensibler mit dem Thema um.

Lokaljournalismus ist allerdings nichts für Weicheier: Ob früh morgens bei einem Feuerwehreinsatz oder abends in der Ratsversammlung  –  der Job fordert viel Engagement und Zeit. Wer um 16 Uhr Feierabend haben möchte, ist hier falsch.

Überstunden im Journalismus leistet man aber nicht, weil es von einem erwartet wird oder weil man dem Verlag etwas schuldet – man macht sie, weil man an das glaubt, was man tut. Weil man weiß, dass gute Geschichten Zeit brauchen, und weil Überzeugung manchmal wichtiger ist als Freizeit.

Gerade in Zeiten, in denen Medienkonzerne redaktionelle Einheiten zentralisieren und ganze Regionen zu „weißen Flecken“ auf der Nachrichtenlandkarte werden, braucht es ein klares Bekenntnis zum Lokaljournalismus.

Dabei ist der Wechsel vom Print- zum Online-Journalismus eine große Herausforderung.  Für mich ist das kein einfacher Gegensatz, sondern eine tägliche Gratwanderung. Was online nicht gut geklickt wird, gilt schnell als irrelevant – selbst wenn es im Print gut funktioniert hätte.  Der Wechsel ins Digitale verlangt Flexibilität.

Als langjähriges Mitglied des DJV schätze ich das Engagement der Journalistengewerkschaft sehr – sie setzt sich seit Jahren konsequent für die Belange unserer Branche und meiner Kollegen und Kolleginnen ein.

Chris LINKE - 25 Jahre

44 Jahre Journalismus - weil ich nicht anders kann

Ich wollte eigentlich Ärztin werden. Leben retten. Da sein, wo es weh tut.

Und vielleicht tue ich genau das - nur anders: mit einer Kamera, einem Mikrofon, einem offenen Blick.

Noch während meiner Schulzeit habe ich mein Volontariat gemacht. Während andere über Karrierewege nachdachten, war ich längst unterwegs - mit Stift, Block und dem unbändigen Wunsch, zu erzählen, was wirklich ist.

1982 stand ich zum ersten Mal in einem Kriegsgebiet. Ich war jung, aber das Gefühl war glasklar: Hier gehöre ich hin.

Hier, wo andere weggucken. Hier, wo die Welt aus den Fugen gerät und wo Menschen trotzdem versuchen, sie zusammenzuhalten.


Seitdem bin ich Journalistin. Aus Überzeugung. Aus Leidenschaft. Und weil ich nicht anders kann.

Ich habe in Zeitungen geschrieben, lange bevor es Online-News gab. Ich habe Nachrichtenbeiträge produziert und Live berichtet, habe Boulevardformate, Investigativbeiträge, große Reportagen und Dokumentationen gedreht.

Ich war an vielen schönen Flecken auf dieser Erde, aber auch in Afghanistan, im Irak, in Gaza, in Syrien. Ich habe Menschen getroffen, die alles verloren haben und habe ihre Geschichten erzählt, damit sie nicht vergessen werden. Ich habe Machtstrukturen hinterfragt, Korruption aufgedeckt, Stimmen hörbar gemacht, die sonst verstummt wären.

Dieser Beruf hat mich alles gekostet - Schlaf, Sicherheit, manchmal auch Unbeschwertheit. Aber er hat mir mehr gegeben, als ich je erwartet hätte: Nähe. Wahrheit. Sinn.

Ich bin nun über 40 Jahre dabei. Und es fühlt sich immer noch an wie der erste Tag - nur mit mehr Tiefe. Mehr Liebe. Aber auch mit mehr Wut. 

 

Was Journalismus heute bedeutet - und aushalten muss

Journalismus war nie bequem. Aber heute ist er oft lebensgefährlich, wirtschaftlich bedroht, politisch instrumentalisiert - und dabei ständig gezwungen, sich neu zu erfinden.

Wir stehen unter Druck: durch Sparzwänge in Redaktionen, durch die Verrohung in Kommentarspalten, durch gezielte Desinformation, Propaganda, Deepfakes und Angriffe auf die Glaubwürdigkeit unserer Arbeit und ganz konkret auf uns vor Ort.

Und gleichzeitig erleben wir, wie sehr unabhängiger, sauber recherchierter Journalismus gebraucht wird - gerade in Zeiten von Krieg, Krisen und Kontrollverlust.

Was mich umtreibt?

Dass Wahrheit immer öfter eine Frage der Perspektive wird.
Dass Algorithmen entscheiden, was sichtbar ist und nicht Relevanz.
Dass KI Inhalte generiert, aber keine Verantwortung übernimmt.

Aber auch:

Dass junge Kolleg:innen mit Mut und neuen Ideen nachkommen.
Dass Menschen noch immer zuhören, wenn man ihnen ehrlich begegnet.
Dass unsere Arbeit Leben berührt, verändert - und manchmal schützt.

Wir Journalist:innen müssen heute mehr sein als nur Berichterstatter: Dolmetscher:innen für komplexe Zusammenhänge. Chronist:innen einer zerrissenen Zeit. Und manchmal auch letzte Instanz gegen das Vergessen.

Es ist nicht leicht. Aber es ist wichtig. Und es lohnt sich. Jeden Tag.