DEUTSCHER JOURNALISTEN-VERBAND NORD HAMBURG – SCHLESWIG-HOLSTEIN GEMEINSAM.MACHEN.

Interview mit Birk Grüling

Birk Grüling ist vormittags schreibender und nachmittags spielender und vorlesender Papa. Als freier Autor schreibt er nicht nur Texte für Kinder, sondern auch für Medien wie Spiegel Online, RND, Süddeutsche Zeitung, Eltern oder DAD über Väterrollen, frühe Kindheit und digitale Bildung. In seinem Podcast „So geht Papa“ spricht er alle zwei Wochen mit prominenten Vätern über ihren Alltag. https://www.torial.com/birk.grueling

Wie müssen wir uns Ihre derzeitige Arbeitssituation vorstellen, Sie sind ja auch Familienvater?
 

Durch die Kita-Schließung hat sich mein Arbeitsalltag komplett verändert. Normalerweise bringe ich meinen Sohn morgens in die Kita und setze mich danach direkt an den Schreibtisch oder fahre zu Terminen. Bis um 15 Uhr kann ich so fokussiert arbeiten. Danach hole ich ihn ab und wir verbringen den Nachmittag zusammen – fahren in die Bücherei, gehen zum Kinderfußball oder auf den Spielplatz. Gegen 17 Uhr stößt meine Frau dazu und der Rest des Tages gehört der Familie. Jetzt arbeiten wir beide im Homeoffice und zwar in Schichten. Meine Frau arbeitet von morgens bis zum frühen Nachmittag und ich in zwei Blöcken vor und nach dem Abendessen. Manchmal nutze ich auch die ruhigen Morgenstunden, um Mails zu schreiben oder Texte zu korrigieren. Den Rest der Zeit gehört meinem Kind. Inzwischen hat sich so eine ganz gute Routine eingespielt. Zum Glück habe ich keine größeren Einbußen. Familien- und Bildungsthemen sind derzeit sehr gefragt. Natürlich spüre auch ich, dass meine Kunden weniger Aufträge an freie Autoren vergeben oder Honorare kürzen. Zum Glück bin ich bereit aufgestellt und kann so vereinzelt wegbrechende Aufträge auffangen – zum Beispiel durch meinen Podcast „So geht Papa“, den ich für das Redaktionsnetzwerk Deutschland produziere. Außerdem betreue ich einen kleinen Kita-Newsletter und habe ich gerade einen Buchvertrag unterschrieben. Das ist eine gute Basis.
 

Gehen Sie noch ins Feld oder arbeiten sie im Homeoffice?
 

Ich bleibe zu Hause. Als Bildungsjournalist besuche ich sonst vor allem Schulen und Kindergärten. Die waren lange geschlossen und haben nun andere Sorgen als einen weiteren Journalisten, der sich ihren Alltag ansehen möchte. Deshalb telefoniere ich vor allem mit meinen Interviewpartnern und verschiebe Reportagen auf eine Zeit mit mehr Normalität. Keine Umstellung war die Arbeit im Homeoffice. Dort arbeite ich auch sonst.
 

Wie verlaufen Ihre Recherchen? Hat sich Ihre Arbeitsweise geändert?
 

Wie schon sagt, normalerweise besuche ich Bildungsinstitutionen und begleite Pädagogen bei ihrer Arbeit. Das ist im Moment nur schwerlich möglich. Deshalb führe ich mehr Interviews oder schreibe Features ohne Reportage-Elemente. Das klappt eigentlich ganz gut. Aber natürlich vermisse ich richtige Vorort–Recherche. Wirklich neu ist die Zunahme von Online-Diskussionsrunden, zu denen ich eingeladen werde. Das ist eine schöne neue Erfahrung. Sonst müsste man für solche Runden oft weit reisen und nun kann ich bequem als dem Homeoffice „sprechen“. Auch die Aufnahme des Papa-Podcast ist per Telefon wunderbar möglich.
 

Wie beurteilen Sie den Kontakt zum Protagonisten/Interviewpartner per Video-Chat?
 

Natürlich ist es schöner, sein Gegenüber zu sehen, seinen Arbeitsplatz, seine Körperhaltung, seine Art zu reden mitzunehmen. Das sind oft wertvolle Elemente für eine Geschichte. Aber das geht in diesen Tagen einfach nicht. Deshalb sind Video-Chats eine gute Übergangslösung, die aber natürlich keine Recherche vor Ort ersetzen kann. Alle Reportagen habe ich deshalb verschoben oder abgesagt.
 

Haben Sie ein Motto, das Sie gerne auch an die Kollegen/innen weitergeben?
 

Vielleicht lernt aus der Krise. Ich erlebe einige Kollegen, die sich von nur einem Auftraggeber abhängig machen oder nur auf ein Standbein setzen. Das ist auch in „normalen“ Zeiten sehr gefährlich. Deshalb kann ich nur jedem freien Journalisten raten, sich breit aufzustellen und die Krise zu nutzen, um neue Dinge auszuprobieren – vielleicht Podcast, Datenjournalismus oder Webinar-Formate. Das erweitert den eigenen Horizont, man kommt auf neue Ideen und vielleicht entsteht gleich noch ein neue Einnahme-Quelle.
 

Die Fragen stellte Dr. Katharina Jeorgakopulos, Mitglied im Beirat des DJV Hamburg.

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