DEUTSCHER JOURNALISTEN-VERBAND NORD HAMBURG – SCHLESWIG-HOLSTEIN GEMEINSAM.MACHEN.

Pressemitteilungen

Aktueller Rechtsfall

Rein privat oder ein bisschen dienstlich? Gericht befasst sich mit Lambrechts Sylt-Urlaub

05.10.2022

Nicht immer ist das, was Politikerinnen und Politiker für privat halten, auch tatsächlich privat. Sehr lehrreich ist in diesem Zusammenhang eine aktuelle Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Köln (VG Köln): Das Gericht hat in einem Beschluss vom 22. August 2022 in erfreulicher Klarheit eine in der Praxis gut nutzbare Abgrenzung zwischen der Privatsphäre von Politikerinnen und Politikern und deren öffentlicher Funktion gefunden (VG Köln Beschluss vom 22.08.2022 - 6 L 978/22; https://openjur.de/u/2448264. html). Die Entscheidung ist gleichzeitig eine Stärkung der journalistischen Auskunftsansprüche. Der Beschluss war bei Redaktionsschluss noch nicht rechtskräftig.

Der gerichtlichen Auseinandersetzung lag ein Auskunftsersuchen eines rechtspolitischen Korrespondenten einer überregionalen Tageszeitung zu Grunde. Der Journalist hatte dem Bundesverteidigungsministerium einen umfangreichen Fragenkatalog vorgelegt. Dabei ging es um einen Truppenbesuch der Ministerin Christine Lambrecht per Hubschrauber. Als Fluggast mit an Bord war der Sohn der Ministerin. Vom Standort des Bataillons Elektronische Kampfführung 911 in Stadum reiste die Politikerin mit ihrem Sohn per Pkw weiter in den Osterurlaub, den sie auf der Insel Sylt verbrachte. In diesem Zusammenhang wollte der Korrespondent unter anderem wissen, wann der Truppenbesuch terminiert und wann das Urlaubshotel gebucht worden war. Darüber hinaus bat der Journalist um Auskunft darüber, ob die Verteidigungsministerin ihren Sohn an Bord des Hubschraubers selbst fotografiert habe bzw. wie das auf dem Instagram-Profil ihres Sohnes veröffentlichte Foto entstanden sei. Das Verteidigungsministerium verweigerte die Beantwortung der Fragen und verwies darauf, dass die privaten Belange der Ministerin berührt seien. Dem folgte das Gericht ausdrücklich nicht. Das Ministerium hatte argumentiert, dass die Fotos des Lambrecht-Sohnes der Privatsphäre zuzuordnen sind. Die Verwaltungsrichter sahen das anders: „Es handelt sich bei den begehrten Informationen insoweit jedenfalls nicht um rein privates Wissen, weil nicht erkennbar ist, dass das Bild in einem Rahmen angefertigt wurde, der vollständig außerhalb der dienstlichen Aufgabenwahrnehmung der Ministerin lag. Dies ergibt sich bereits aus der oben beschriebenen Situation, die die Aufnahme zeigt. Die Anreise der Ministerin zu einem Truppenbesuch unter Inanspruchnahme eines Bundeswehrhubschraubers bildet den – ohne Zweifel – dienstlichen Rahmen, innerhalb dessen das Bild entstanden sein dürfte“, hieß es zur Begründung. Die private Hotelbuchung allerdings fällt nach Ansicht des VG Köln in die Privatsphäre von Christine Lambrecht. 

(Stefan Endter)

Newsletter

Cookie Einstellungen